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Inner Relationship Focusing

„Inner Relationship Focusing“ ist ein Strang der Focusing-Lehre, der auf die gemeinsame Arbeit von Ann Weiser Cornell und Barbara McGavin zurückgeht und der deutlich von der Lehre Eugene Gendlins abweicht.

Wie der englische Name schon andeutet, beschäftigt sich „Inner Relationship Focusing“ mit der inneren Beziehung, mit der Beziehung des Fokussierenden zu seinen Felt Senses und mit der Beziehung der verschiedenen Felt Senses zueinander.

 

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Nachdem Ann Weiser Cornell mehrere Jahre zusammen mit Eugene Gendlin Workshops gegeben hatte, zog sie 1983 ins sonnige Kalifornien, um dort als Focusing-Lehrerin zu arbeiten. Schon bald merkte sie, dass vieles von dem, was sie von Gendlin übernommen hatte und was sie nun ihren Klienten zu vermitteln versuchte, nicht so gut funktionierte, wie sie sich das wünschte. Es wurde beispielsweise recht schnell deutlich, dass viele Menschen mit dem „ersten Focusing-Schritt“, dem sogenannten „Freiraumschaffen“, bei welchem inneres Erleben zunächst nach außen gestellt werden soll, große Schwierigkeiten hatten. Sie brauchten sehr viel Zeit dafür, manchmal die ganze Sitzung, und einige verloren sogar völlig den Kontakt zu ihren Felt Senses, wenn diese sehr zart und vage waren. Also ließ Ann Weiser Cornell das Freiraumschaffen fallen und ersetzte es durch ein inneres Anerkennen, bei dem alle wichtigen Themen einfach nur kurz begrüßt werden. Eine weitere entscheidende Entdeckung, die sie machte und die sich nicht mit Gendlins Focusing-Lehre vereinbaren ließ, führte zu der Philosophie der „Radikalen Annahme von Allem“. Sie entdeckte, dass auf alles innere Erleben gewinnbringend fokussiert werden kann: auf Körperempfindungen außerhalb der Körpermitte, auf körperliche Symptome, auf ablenkende Gedanken, auf Innere Kritiker etc.

 

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Ann Weiser Cornell sah sich mit der ökonomischen Notwendigkeit konfrontiert, Klienten etwas bieten zu müssen, was diese als hilfreich erlebten, damit sie wiederkamen. So entwickelte sie im Laufe der Zeit ihre eigene Form des Focusing, indem sie sich an dem orientierte, was ihre Klienten als förderlich empfanden. Allmählich kristallisierte sich dabei eine Erkenntnis heraus, die immer Gültigkeit zu haben schien, nämlich dass der Beziehung des Fokussierenden zu seinen Felt Senses und der Beziehung der Felt Senses zueinander eine entscheidende Bedeutung für den Erfolg beim Fokussieren zukommt.

 

 

Anfang der neunziger Jahre stellten Ann Weiser Cornell und Barbara McGavin fest, dass sie ähnliche Erfahrungen gemacht hatten und zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen waren. Sie beschlossen, gemeinsam weiter zu arbeiten, und entwickelten ein Konzept für einen einwöchigen Workshop, „Treasure Maps to the Soul“ (Schatzkarten zur Seele), in welchem sie ihre frisch gewonnenen Erkenntnisse zur Bearbeitung schwieriger Lebensthemen, wie etwa Sucht, Depression, Handlungsblockaden oder schwerer Selbstkritik, anwenden wollten. Seit jener Zeit finden die „Treasure Maps“ mehrmals jährlich in verschiedenen Teilen der Welt statt. „Inner Relationship Focusing“ und „Treasure Maps to the Soul“ entstanden parallel und befruchten sich bis heute gegenseitig.

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Grundlage des „Inner Relationship Focusing“ ist die Beobachtung, dass Menschen verschiedene Formen der Beziehung zu ihrem inneren Erleben eingehen können. Eine mögliche Beziehungsform ist die der „Identifikation“. Wenn jemand sagt „Ich bin wütend“, ist er vermutlich mit der Wut identifiziert. Er ist die Wut. Die Wut ist sein ganzes Universum und niemand ist da, um der Wut Beistand zu leisten. Eine weitere mögliche Beziehungsform ist die der „Dissoziation“ bzw. „Verbannung“. Wenn jemand mit knirschenden Zähnen und auf den Boden stampfend sagt „Ich bin nicht wütend“, dann hat er die Wut dissoziiert. Sie ist in die Verbannung geschickt worden und somit nicht dem Bewusstsein zugänglich. Auch hier gibt es niemanden, der bei der Wut ist. Identifikation und Dissoziation treten gewöhnlich gemeinsam auf, zum Beispiel in folgender weit verbreiteten Auffassung: „Man muss immer nett und freundlich sein“. Menschen, die diese Ansicht vertreten, dissoziieren ihre Wut und ihren Ärger und identifizieren sich mit dem Teil, der diese Gefühle nicht aushält.

 

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Dissoziiert ein Mensch Teile seines Erlebens und identifiziert sich mit anderen Teilen, ist Focusing nur schwer möglich. Dissoziierte Teile sind aus dem Bewusstsein verbannt worden und können somit nicht in den Blick genommen werden. (Möglicherweise funken sie jedoch dazwischen, wenn man fokussieren möchte.) Identifizierte Teile werden nicht als solche wahrgenommen und haben daher ebenfalls kein Gegenüber, das sich mit ihnen beschäftigen könnte. Aus einer Identifikation heraus ist man nur sehr begrenzt in der Lage, sich unvoreingenommen dem zu stellen, was in einem vorgeht. Wenn man beispielsweise fokussiert, um ein Problem zu lösen oder um einen „Felt Shift“ zu erleben, ist man mit einem Teil identifiziert, der den Felt Sense nicht erträgt, der ihn „weg“ haben will.

 

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Um also fokussieren zu können, müssen identifizierte Teile zunächst „disidentifiziert“ und dissoziierte Teile ins Bewusstsein zurückgeholt werden. (In der Regel wird sich dabei etwas melden, das diese Teile ursprünglich in die Verbannung geschickt hat und das möchte, dass sie dort bleiben. Auch darauf kann man fokussieren!) Ziel ist es, eine Beziehung der „Assoziation“ herzustellen, einen Zustand, in welchem alle Teile anerkannt werden: „Das gehört alles zu mir, ich bin aber mehr als nur das.“

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Focusing ist also erst in einem Zustand möglich, der es einem erlaubt, bei allen inneren Teilen des Selbst zu sein, ihnen Gesellschaft zu leisten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren und ohne sie zu verleugnen. Diesen Zustand nennen Ann Weiser Cornell und Barbara McGavin „Präsenz“. In Präsenz ist man in der Lage, bei allen Felt Senses zu verweilen, gleichgültig wie unangenehm oder schmerzlich sie sind.

 

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Präsenz muss geübt und kultiviert werden. Ein wichtiges Instrument dazu ist die sogenannte „Sprache der Präsenz“. Diese kann wie folgt klingen: „Ich spüre etwas in mir, das…“. Zum Beispiel: „Ich spüre etwas in mir, das wütend ist.“ Hier tritt der Wut ein „Ich“ gegenüber, das bei ihr sein kann, das auf sie fokussieren kann. Sie ist nicht mehr allein! Und wenn etwas auftritt, das die Wut nicht mag, kann auch darauf fokussiert werden: „Ich spüre etwas in mir, das wütend ist, und ich spüre auch etwas, das die Wut nicht mag.“

 

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„Inner Relationship Focusing“ ermöglicht es also dem Fokussierenden, eine Beziehung zu allen seinen Felt Senses aufzunehmen und darauf zu lauschen, was diese ihm mitteilen möchten. Einige Menschen werden sagen: „Das ist doch nicht neu. Das steckt doch auch schon implizit in Gendlins Focusing.“ Richtig! Aber ist es nicht gerade das Wesen von Focusing, das Implizite explizit zu machen?

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